Gluten
Differenzierung:
- Weizenallergie: klassische immunologische allergische Reaktion (IgE); ist die klassische Lebensmittel-Allergie, reagiert auf die Gliadine im Weizen, ist eine akute IgE vermittelte Reaktion
- Zöliakie (Sprue): Autoimmunreaktion genetisch nachweisbar; es kommt zur Zerstörung der Schleimhautzellen im Darm, das Immunsystem wird vermindert, entzündlicher Darm, Resorptionsstörungen – Malabsorption – sowie dadurch schwere Nährstoffmängel, zeigen sich in der Folge in Anämie, Osteoporose – hier muss man sich zu 100% Glutenfrei ernähren
- Gluten-Intoleranz/Unverträglichkeit: immunologisch verzögerte Reaktion IgG 1-4
- Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NZWS): ATI verhindern die Abspaltung von Kohlenhydraten und Eiweißen. Besonders in den vielen neuen Weizensorten sind die ATI’s erhöht, da diese als Resistenzschutz der Pflanze gegenüber von Schädlingen dienen
(Es ist nicht eindeutig geklärt, ob man auf Gluten oder die ATI’s reagiert oder sogar auf beides.)
Was ist Gluten?
- Ist ein Gemisch verschiedener Klebereiweiße (Gliadine und Glutenine)
- Glutenhaltige Getreidesorten: Weizen, Dinkel (hat weniger ATI’s als Weizen), Roggen, Gerste, Hafer, Einkorn, Kamut, Emmer, Grünkern
Hafer ist verwandt mit dem Weizen, er unterscheidet sich in der Aminosäuresequenz und scheint nicht im selben Umfang wie der Weizen schädlich zu sein. Doch leider ist er meist durch die Produktion mit Gluten verunreinigt und deshalb häufig nicht gut verträglich.
- Gluten ist notwendig für die gute technologische Verarbeitbarkeit des Mehls, erhöht die guten Backeigenschaften.
- Ziel der Züchtung neuer Getreidesorten: hoher Kornertrag und hoher Glutengehalt
- Wir nehmen über den Tag oft verteilt oft sehr viel Gluten auf, wie Brot, Nudeln, Pizza, Kuchen … das kann zu viel für unser Verdauungssystem sein.
- Versteckte Gluten-Fallen: als Verdickungs- und Bindemittel, Stabilisatoren, in Pommes, Würstchen, Frischkäse, Soßen, Ketchup, Fertigprodukte, in Eis als Stabilisator, in Chips, in Gebackenem – macht als Trägerstoff „knusprig“
Sowie werden oft dieselben Transportwege, wie Fließbänder verwendet, heißt dann, kann Spuren von Gluten enthalten. Wichtig ist immer ein Blick auf die Zutatenliste!
Bei Glutenintoleranz ist es wichtig, eine gewisse Zeit auf Gluten zu verzichten, damit der Darm und die Darmschleimhaut sich beruhigen und regenerieren kann, die Entzündungen abklingen.
Was darf ich noch essen?
Nein: Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Hafer, Grünkern – Urformen des Weizens, Emmer, Kamut, Seitan, verarbeitete Sojaprodukte – können Weizenbestandteile beinhalten
Ja: Mais, Reis, Hirse, Buchweizen, Soja, Quinoa, Amaranth, Kichererbsen – normales Mehl kann durch Soja-, Kastanien-, Johannisbrot-, Tapiokamehl ersetzt werden.
Auslöser der NZWS Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität
- Man reagiert auf die ATI – Alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren
- Das sind Proteine, die vor allem in glutenhaltigen Getreidesorten vorkommen
- Dienen dem Getreide als Schutz vor Schädlingen
- ATI’s sind auch hochresistent gegenüber der intestinalen Proteolyse
ATI’s verhindern die Abspaltung von Kohlenhydrate und Eiweiße. Dadurch kommt es zur Entzündung der Mucosa – Immunzellen der Darmschleimhaut werden angeregt und vermehrt entzündungsfördernde Zytokine ausgeschüttet. Das führt zur Beeinträchtigung der Darmbarriere; und durch die permanente Reizung kommt es zur erhöhten Durchlässigkeit – Leaky gut. Bakterien und Endotoxine gelangen in den Organismus, eine Selbstvergiftung aus dem Darm findet statt. Es kommt weiter zu einer silent inflammation - stillen Entzündung, somit zu oxidativen und auch nitrosativen Stress (Stickstoff) – langfristig können die Mitochondrien geschädigt werden.
Symptome:
- Klassische Verdauungsstörungen wie: Bauchschmerzen, Blähungen, Obstipation, Erbrechen, Durchfall, Übelkeit
- Diffuse Symptome: Müdigkeit, Muskelschmerzen, Kopfnebel, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Stimmungsschwankungen, Depressionen – oft zeitversetzt
- Hautprobleme
- Zungenbrennen, Ulcus/Geschwüre im Verdauungstrakt
- Mikronährstoffmängel durch die Malabsorption
- Oft sind Symptome zeitversetzt, wie Gelenksschmerzen am nächsten Tag nach Glutenaufnahme
Diagnose einer NZWS
- Ausschluss von Zöliakie mittels Transglutaminase Antikörper, Biopsie
- Ausschluss Weizenallergie (IgE erhöht)
- FABP2 im Serum – ist bei Zöliakie und NZWS erhöht; sie sind dafür verantwortlich, in der Zelle die langkettigen Fettsäuren zu transportieren, bei Schädigung der Darmzellen führt das zu einer erhöhten Freisetzung von FABP2
- sCD14 im Serum ist nur bei NZWS erhöht (CD = cluster of differention) – sie werden durch Toxine, die in die Blutbahn gelangen, aktiviert. Eine erhöhte sCD14-Konzentration korreliert mit einer erhöhten FABP2-Konzentration
- Ausschlussdiät: führt zu einer Besserung der Beschwerden und Normalisierung der Blutwerte
Eine 6monatige strenge Glutenkarenz sollten die Parameter FABP2 und sCD14 deutlich im Serum verbessern, auch kleine Mengen an ATI’s führt bei der Weizensensitivität zu Entzündungen im Körper!
- Parameter zur Feststellung und zur Verlaufskontrolle heranziehen:
Ist der Solubler LPS-Rezeptor (sCD14) erhöht, bindet es Toxine und transportiert diese zu TL-Rezeptor, dadurch wird das Immunsystem aktiviert.
Erhöhter Zonulin-Wert, ist ein Protein, das in den Darmzellen gebildet wird, ist für die Regulierung der tight junktions notwendig, also für den Zellverschluss verantwortlich, gibt Hinweis auf die Durchlässigkeit des Darms.
Erhöhtes Fettsäurebindendes Protein (FABP2) zeigt ebenso eine gestörte Darmbarrierefunktion, mit Schädigung der Darmschleimhaut (intenstinal)
Therapie:
1. Glutenhaltige Lebensmittel vermeiden
- Zöliakie – lebenslange strikte Vermeidung
- Weizenallergie – temporär oder dauerhaft
- Glutenintoleranz (IgG 1-4) Halbwertszeit der IgG beträgt etwa 3 Monate, also man sollte mindestens 3 Monate glutenfrei essen, besser ein halbes Jahr oder länger
Situationsbedingt kann man vor einer glutenhaltigen Speise folgendes Enzym einsetzen: Aspergillus Niger Prolyl-Endopeptidase, das Gluten aufspaltet – ist nur bei der Glutenintoleranz einsetzbar, nicht bei der Zöliakie!
- NZWS sinnvoll glutenfreie Diät 1 bis 2 Jahre, es muss sich erst die Darmschleimhaut richtig erholen.
a) Verlaufskontrolle der FABP2 und sCD14; 14 Tage nach Karenz und 8 Tage vor Wiedereinführung
b) Individuelle Toleranzgrenze – dafür Symptom- und Ernährungstagebuch führen.
Oft zeigt eine Ausschlussdiät besser, was los ist, als die Laborparameter
2. Darmgesundheit
- Dysbiose mittels Probiotika, Präbiotika – wie Akazienfaser, als Ballaststoff – gerade, wenn Getreide weggelassen wird, fehlt oft eine wichtige Ballaststoffquelle, das senkt unter anderem Bifido- und Lactobakterien, erhöht Enterobakterien – dies macht somit eine Mikrobiomveränderung, dadurch weniger Bildung von kurzkettigen Fettsäuren, wie Butyrat, und das erhöht das Risiko von Entzündungen
- Erhöhte Permeabilität, also Durchlässigkeit – dafür L-Glutamin 2 – 4 g pro Tag; sowie Zink, B-Vitamine, Vitamin A (für die Feuchtigkeit der Schleimhaut), Vit E – Antioxidantien
- Entzündung – Curcuma 500 – 1500mg pro Tag; aufpassen bei schweren Darmschleimhautentzündungen, da die meisten Curcumapräparate mit schwarzem Pfeffer vermischt sind, den Piperinen – die die Aufnahme/Bioverfügbarkeit erhöhen, aber zu Beschwerden führen können
Omega 3 Fettsäuren 1 – 2 g pro Tag
Weihrauch 600 bis 4000 mg pro Tag
Evt. proteolytische Enzyme
3. Mikronährstoffe-Mangelzustände ausgleichen, da oft diese schlechter aufgenommen werden und gleichzeitig durch die Entzündung ein erhöhter Bedarf bestehen.
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